Dienstag, 18. September 2012

Betr. Adrian



















17. Dezember 2008
Der Junge, der nicht zur (Regel-)Schule darf

Adrian ist vertieft, der Zehnjährige macht Hausaufgaben. Vor ihm auf dem Tisch liegen Arbeitsblätter, ein Deutsch- und ein Mathe-Buch für die vierte Klasse. Zur Schule darf der Junge nicht. Die Schulpflicht ruht. Das soll auch so bleiben, hat das Staatliche Schulamt für den Landkreis Groß-Gerau und den Main-Taunus-Kreis der Anwältin der Familie am 23. Juli 2008 mitgeteilt. Adrian soll eine Heimschule besuchen. Das will er nicht. Das wollen auch seine Mutter (39) und sein Vater (40) nicht. Die Schule in Groß-Gerau, die der Zehnjährige zuletzt besucht hat, reagiert nicht. Das hessische Kultusministerium verweist auf die Gesetze.

Hallo, Adrian, wie alt bist du?
Adrian: Zehn Jahre.

Und wo gehst du zur Schule?
Adrian: Das Schulamt lässt mich seit eineinhalb Jahren nicht zur Schule gehen.

Die lassen dich nicht zur Schule gehen? Warum das denn nicht?
Adrian: Die Lehrer und das Schulamt wollen nicht, dass ich zur Schule gehe. Sie lassen mich nicht. Meine Eltern haben alles versucht, dass ich wieder in die Schule gehen kann.

Du bist aber doch schon mal zur Schule gegangen? Was ist denn passiert?
Adrian: Die Lehrer in der alten Schule haben mich schlecht behandelt. Sie haben mich vor meiner Mutter und anderen Eltern und Kindern herumgezerrt. Wenn ich von Mitschülern geschlagen worden bin, haben sie gesagt, dass ich mich nicht wehren darf. Ich durfte das auch nicht der Pausenaufsicht melden. Das ist Petzen, haben sie gesagt.

Und wenn du doch den Lehrern erzählt hast, was passiert ist, was geschah dann?
Adrian: Wenn ich gepetzt habe, musste ich zur Strafe in die Pausenhalle. Die Lehrer haben dann immer vor allen Kindern so ein blödes Gedicht aufgesagt.

Was für ein Gedicht?
Adrian: Petze, Petze ging in Laden, wollte Schweizer Käse haben. Schweizer Käse gab es nicht, Petze ärgert sich.

Ist noch mehr passiert?
Adrian: Einmal habe ich beim Fangen spielen ein Mädchen ohne Absicht umgerannt und musste acht Wochen in der Pausenhalle sitzen, wenn alle anderen Kinder Pause hatten und wenn Frühstück war, musste ich auch in die Pausenhalle. Die Lehrerin sagte, wenn ich an der Schule bleibe, muss ich für immer drinnen bleiben.

Wenn ich auf dem Stuhl gesessen habe, hat mir die Mathelehrerin die Beine zusammengedrückt, dass mir die Hoden wehgetan haben. Meine Klassenlehrerin hat das auch immer gemacht.

Ich durfte nicht allein zum Klo, und die Sportlehrerin hat mir über die Schulter geguckt beim Pinkeln. Ich war immer an allem schuld. Ich durfte mich nie verteidigen, auch wenn ich nichts gemacht habe.

Hättest du nicht die Schule wechseln können?
Adrian: Hab ich. Doch meine Schülerakte ist schon drei Wochen, bevor ich in die neue Schule gekommen bin, dort gewesen. Als ich dort zur Schule ging, wurde ich wegen der Schülerakte auch wieder schlecht behandelt. Dabei hat die Rektorin zu meinen Eltern gesagt, dass nicht alles stimmen würde, was in der Akte über mich steht.

Es begann alles wieder von vorne?
Adrian: Ja. Die Sportlehrerin hat mich sogar ungefähr 30 Minuten allein in der Turnhalle eingesperrt und ist weggegangen. Ich habe gerufen und an die Scheiben gehämmert. Alle Ausgänge waren zugestellt. Ich musste warten, bis die Lehrerin die Tür wieder aufgeschlossen hat. Seitdem hatte ich immer Angst, zum Sport zu gehen.

Dann haben mich die Kinder in der Pause unten reingetreten und gehauen. Die Lehrer haben nur geguckt und nichts gemacht. Meine Mutter musste mit mir oft zum Kinderarzt. Ich habe dann morgens immer gebrochen, weil ich Angst hatte, in die Schule zu gehen. Bin aber immer gegangen. Das, was die mit mir gemacht haben, ist Mobbing, sagen meine Eltern.

Wie haben deine Eltern darauf reagiert?
Adrian: Meine Eltern haben sich an eine Gruppe gewendet. Die hat uns schon sehr geholfen und unterstützt. Die haben auch gleich gemerkt, was da los ist.

Und nun darfst du nicht mehr zur Schule. Was machst du denn, während die anderen Kinder in die Schule gehen?
Adrian: Ich lerne zu Hause. Meine Mutter druckt Arbeitsblätter aus dem Internet aus. Die lese ich dann und fülle die aus oder rechne die aus. Sie lernt mit mir jeden Tag. Englisch, Deutsch, Mathe, Sachkunde. Ich muss auch täglich was schreiben auf Englisch und Deutsch.

Meine Eltern haben ein paar Mal versucht, dass die Schule uns Arbeitsblätter gibt. Am Anfang haben wir ein paar Arbeitsblätter bekommen. Jetzt sagen das Schulamt und die Schule, dass das keinen Sinn hat. Sie geben uns keine mehr.

Ich habe sogar ein halbes Jahr eine Hauslehrerin gehabt. Die war nett. Jetzt sagt das Schulamt, sie darf nicht mehr kommen. Ich soll in ein heilpädagogisches Kinderheim.

Meine Eltern haben die Hauslehrerin vor Gericht durchgesetzt. Sonst hätte ich von Anfang an so zu Hause gehockt.

Was wünscht du dir?
Adrian: Ich möchte wieder zur Schule gehen. Nur in das Kinderheim will ich nicht. Meine Eltern wollen das auch nicht. Es will nur das Schulamt in Rüsselsheim.

18. Dezember 2008
Antwort des Kultusministeriums

1. Ist das Ruhen einer Schulpflicht rechtmäßig?
2. Können Eltern dazu gezwungen werden, ihr Kind zu einer bestimmten Schule zu schicken?
3. Wie lange darf der gegenwärtige Zustand noch andauern?

Diese Fragen hat Angelika Kramb vom Hessischen Kultusministerium schriftlich so beantwortet:

1. Gemäß § 65 Abs. 1 des Hessischen Schulgesetzes (HSchG) ruht die Schulpflicht auf Antrag für eine Schülerin mindestens vier Monate vor und drei Monate nach einer Niederkunft. Die Schulpflicht ruht ferner, wenn bei Erfüllung der Schulpflicht die Betreuung eines Kindes der oder des Schulpflichtigen gefährdet wäre. Über den Antrag entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter. Für Kinder und Jugendliche, die auch in einer Förderschule oder durch Sonderunterricht nicht gefördert werden können, kann die Schulpflicht gemäß § 65 Abs. 2 HSchG auf Dauer oder vorübergehend ruhen. Hierüber entscheidet das Staatliche Schulamt nach Anhörung der Eltern auf Grund eines pädagogisch-psychologischen und eines schulärztlichen Gutachtens. Das Staatliche Schulamt kann anordnen, dass die Schulpflicht für die Dauer des Entscheidungsverfahrens vorläufig ruht, wenn es die Aufrechterhaltung des Schul- und Unterrichtsbetriebs oder die Sicherheit von Personen erfordert. Es unterrichtet die Jugend- und Sozialbehörden.

2. Nach § 60 Abs. 4 HSchG besteht die Verpflichtung zum Besuch der Grundschule des Schulbezirks des Wohnorts und nach § 63 Abs. 1 HSchG besteht die Verpflichtung zum Besuch der Berufsschule des Schulbezirks, in dem der Beschäftigungsort liegt. Alternativen hierzu finden sich im Einzelfall im Rahmen eines Gestattungsverfahrens nach § 66 HSchG.

Im Rahmen eines Entscheidungsverfahrens über sonderpädagogischen Förderbedarf nach § 54 Abs. 4 HSchG kann auch die Bestimmung der zuständigen Förderschule erfolgen. Außerdem kann nach § 82 Abs. 2 Nr. 6 ein Schüler als Ordnungsmaßnahme durch das Staatliche Schulamt in eine andere Schule der gleichen Schulform überwiesen werden.

Darüber hinaus gibt es in Hessen die freie Schulwahl.

3. Keine Antwort.

20. Dezember 2008
Gespräch mit Adrians Mutter

Der zehnjährige Adrian aus Groß-Gerau büffelt zu Hause für die Schule, seit eineinhalb Jahren darf er nicht am Unterricht teilnehmen. Das Schulamt für den Landkreis Groß-Gerau und den Main-Taunus-Kreis und das Darmstädter Verwaltungsgericht wollen den Jungen in die Hofheimer Heimschule Vincenz stecken. Dafür müsste Adrian erst einmal getauft werden. Die 39-jährige Mutter schwankt zwischen Wut und Verzweiflung.

Vor dem Darmstädter Verwaltungsgericht hat am 26. Juni 2008 eine Verhandlung stattgefunden, die laut Gerichtsprotokoll eine Stunde und 40 Minuten gedauert hat. Wie haben Sie diese Verhandlung in Erinnerung?

Adrians Mutter: Wir haben auch der Richterin gesagt, dass Adrian eine Regelschule besuchen soll, nicht eine Heimschule. Man hat uns unter Druck gesetzt und die Richterin hat uns mit Entzug des Sorgerechts gedroht. Wir wären das unserem Sohn schuldig und müssten kooperieren. Sonst würden wir nicht das Beste für ihn wollen.

Es ist aber zu einem Vergleich gekommen, der so lautet: Das Schulamt stellt den Kontakt zur Heimschule her, die Eltern nehmen den Kontakt wahr. Für Adrian wurde sonderpädagogischer Förderbedarf zumindest im Schuljahr 2008/2009 festgestellt. Diesem Vergleich haben Sie nur zugestimmt, weil Sie um Ihr Sorgerecht fürchteten?

Adrians Mutter: Ja. Die Vertreterin des Schulamtes hat auch später immer wieder gesagt, sie wisse, dass die Richterin mache, was sie wolle. Sie könne sogar dafür sorgen, dass Adrian nicht nach Hofheim kommt, sondern in eine Schule, die so weit weg liegt, dass Adrian nie wieder nach Hause kommt.

Das klingt aber ein wenig abenteuerlich.

Adrians Mutter: Es ist wahr. Das weiß auch die Elterninitiative gegen Mobbing und Gewalt an Schulen (EMGS), mit der wir Kontakt aufgenommen haben. Die haben alles versucht. Außerdem hat die Richterin zu unserer Anwältin gesagt, sie solle uns zur Vernunft bringen.

Wie waren denn Adrians Leistungen in den beiden Schulen, die er bislang besucht hat?

Adrians Mutter: Er hatte nie eine schlechtere Zensur als eine 3. Als wir im Gerichtssaal waren, hatten wir das Gefühl, es ist schon alles gelaufen. Mein Mann ist nicht einmal zu Wort gekommen.

Und nun hängt die Sache in Luft?
Adrians Mutter: Es sind immer neue Fristen gesetzt worden. Wir sind froh, dass Adrian noch nicht in dieser Heimschule ist. Die hält sich auch nicht an die Vorgaben der Richterin. Adrian soll sogar noch einmal die dritte Klasse besuchen. Außerdem müsste er getauft werden, hat man uns gesagt.

26. Dezember 2008
Mail an das Heilpädagogische Institut Vincenzhaus Hofheim

sehr geehrte damen und herren,

als redakteur beschäftige ich mich mit der geschichte von adrian klinik aus groß-gerau, der von zwei staatlichen schulen gemobbt worden sein soll. nun haben sie den jungen zu probe-schultagen eingeladen, obwohl die eltern und der zehnjährige einen heimschulbesuch nicht wollen. adrian möchte wieder eine regelschule besuchen. das hat er mir einem gespräch gesagt. wie stehen sie zu diesem kinderwunsch?

mit freundlichen grüßen
heinz-peter tjaden
krumme straße 1
26384 wilhelmshaven

14. Januar 2009
Keine Auskunft vom Vincenzhaus

Sehr geehrter Herr Tjaden,

urlaubsbedingt kann ich leider erst heute auf Ihre Nachricht vom
26. 12. 08 antworten. Ich muss Ihnen mitteilen, dass wir aus
Datenschutzrechtlichen Gründen keinerlei Auskünfte zu Einzelfällen geben können. Ich bitte um Ihr Verständnis und verbleibe

mit freundlichen Grüssen
Christiane Leonhardt-Icten
Heimleitung

Heilpädagogisches Institut Vincenzhaus
Vincenzstrasse 29
D-65719 Hofheim

18. Januar 2009
Bürgermeister schaltet sich doch ein

Sehr geehrter Herr Tjaden,

vielen Dank für Ihre Mail.

Wie bereits von Herrn Lauterbach mitgeteilt, obliegt diese Angelegenheit der Kreisverwaltung.

Ich nehme dennoch Ihre Mail zum Anlass, diesen Sachverhalt beim ersten Kreisbeigeordneten Herrn Will (zuständig für Schule) beim nächsten Treffen vorzutragen.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Sauer
Bürgermeister

5. März 2009
Mail an den Bürgermeister von Groß-Gerau

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Sauer,

Sie haben mir am 18. Januar 2009 versprochen, dass Sie bei Ihrem nächsten Treffen mit dem Kreisbeigeordneten Will (zuständig für Schule) das Thema „Adrian darf keine (Regel-)Schule besuchen“ anschneiden werden. Gestern teilte mir die Mutter des Jungen auf Nachfrage mit, dass sich bislang weder Herr Will noch Sie bei ihr gemeldet haben. Woran liegt es?

Für eine Antwort wäre ich Ihnen dankbar.

24. April 2009
Mail an die Leiterin der Schillerschule in Groß-Gerau

Sehr geehrte Frau Lange-Mende,

als Redakteur, der sich mit dem "Fall Adrian Klinik" beschäftigt, bin ich soeben von der Mutter angerufen worden. Bekanntermaßen besucht ihr Sohn seit dem 2. Oktober 2007 keine Schule mehr. Diesen Zustand möchten die Eltern ändern.

Nach telefonischer Mitteilung von Adrians Mutter ist nun dies geschehen:

Sie erscheint am Montag mit Adrian in der Schillerschule. Doch am Unterricht teilnehmen darf der Junge nicht. Sie sollen das mit einem Fax vom Schulamt begründet haben. Darin sei das Ruhen der Schulpflicht angeordnet worden. Eine Kopie dieser Anordnung haben die Eltern jedoch nicht bekommen. Außerdem sei die zuständige Schulamtsmitarbeiterin im Urlaub.

Da die Eltern von Adrian die ganze Woche über auf Zusendung des Faxes gewartet haben, wiederholt sich der Schulbesuch von Adrian am heutigen Freitag. Auch dieses Mal wird er verhindert.

Einigkeit darüber, ob die Schulpflicht von Adrian Klinik ruht oder nicht, scheint nicht zu bestehen. Die Aussagen der zuständigen Schulamtsmitarbeiterin dazu sind widersprüchlich. Schreiben von ihr liegen mir als Redakteur vor.

Ich bitte Sie um Stellungnahme, ob die Schilderungen von Adrians Mutter den Montag dieser Woche und den heutigen Freitag betreffend zutreffend sind. Vielen Dank!

Auch diese mail veröffentliche ich auf http://kinderinheimen.blogspot.com

4. Juni 2009
Ein lächerliches Gespräch?

Enno Siehr strahlt auf den aktuellen Seiten der „Südhessen Woche“, als Landrat von Groß-Gerau fordert der 61-Jährige, der sich im nächsten Jahr in den politischen Ruhestand verabschiedet, die Bürgerinnen und Bürger zur Teilnahme an der Europawahl auf, erfreut ist er, wenn Kinder bei Planungen einbezogen werden.

Und Adrian Klinik? Dessen Schulpflicht ruht seit eineinhalb Jahren. Deswegen lernt der Zehnjährige zuhause, während die Eltern um einen (Regel-)Schulplatz kämpfen (müssen). Warum das so ist, verraten mir weder die Schillerschule, die der Junge gern wieder besuchen möchte, noch das zuständige Schulamt. Der Bürgermeister von Groß-Gerau geht auf Tauchstation - und das Büro des Landrates Enno Siehr?

Dort hat jetzt das Telefon geklingelt. Anruferin war die Mutter von Adrian. Das Gespräch ist nach ihren Angaben so verlaufen.

Adrians Mutter: „Mein Name ist Klinik. Ich hätte gern einen Termin beim Landrat.“
Erst lautes Lachen, dann eine weibliche Stimme: „Frau Klinik, ich habe die Anweisung vom Herrn Landrat persönlich, in Sachen Klinik/Jugendamt keine Termine zu vergeben. Warum und wieso, weiß ich nicht. Es interessiert mich auch nicht. Der Herr Landrat hat gesagt, er sei dafür nicht zuständig und mische sich da auch nicht ein. Es ist allein die Sache des Jugendamtes.“

Adrians Mutter: „Steht es mir als Bürgerin von Groß-Gerau nicht zu, einen Termin beim Landrat zu bekommen?“
Wieder Lachen, dann die weibliche Stimme: „Doch. Aber ich darf Ihnen keinen geben.“

Adrians Mutter: „Kann uns das der Landrat nicht persönlich mitteilen?“
Die weibliche Stimme: „Nein.“

Adrians Mutter: „Das können wir nicht verstehen. Wir wüssten gern, warum man uns nicht anhören will.“
Die weibliche Stimme: „Ich werde das dem Herrn Landrat ausrichten. Aber ob er sich bei Ihnen meldet, weiß ich nicht.“

Adrians Mutter: „Kann der Landrat uns das schriftlich geben?“
Lachen.

Adrians Mutter: „An wen sollen wir uns denn wenden?“
Die weibliche Stimme: „Das weiß ich auch nicht.“

Enno Siehr ist Mitglied der SPD und bei ver.di, er gehört zum BUND, zur AWO, zum ASB und zum VdK. Vielleicht zu beschäftigt der Mann? Zeit für Hobbys hat der 61-Jährige aber. Er kocht gerne, fährt gern Rad und verreist gern. SPD-Mitglied ist er eigenen Angaben zufolge, weil: „Für mich schon immer galt: Starke Schultern sollen schwerere Lasten tragen als schwache.“

21. Juli 2009
Noch eine mail an den Bürgermeister

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Sauer,

vor einem halben Jahr haben Sie mir mitgeteilt, dass Sie sich über die Zukunft von Adrian Klinik mit dem Kreisbeigeordneten Will unterhalten werden. Das solle bei nächster Gelegenheit geschehen. Hat es diese "nächste Gelegenheit" inzwischen gegeben? Adrian darf immer noch nicht zur (Regel-)Schule. Die Schillerschule hüllt sich mir gegenüber in Schweigen, die zuständige Schulamtsmitarbeiterin schreibt in einem Brief an das Verwaltungsgericht Darmstadt, dass sie sich nicht an etwaige negative Äußerungen erinnere, ansonsten erinnere sie sich aber nicht mehr so ganz. Sicher sei aber: Was Adrian in einem Interview mit mir gesagt habe, sei nicht zutreffend.

"Behörden - hört die Signale" heißt mein jüngster Bericht dazu, der auf www.sajonara.de erschienen ist. Den sollten Sie einmal lesen. Immer wieder wendet sich die Mutter von Adrian an mich, schildert ihre Sorgen - bei mir findet sie damit Gehör, weil mir noch niemand einen triftigen Grund für das Behördenverhalten geliefert hat.

Für eine Antwort wäre ich Ihnen dankbar.

21. Juli 2009
Antwort des Bürgermeisters

Sehr geehrter Herr Tjaden,

ich habe Herrn Will bereits am 26. Februar informiert und den Mailverkehr in schriftlicher Form übergeben.

Ich sehe keine Grundlage, diese Thematik mit Ihnen weiter zu betrachten. Wie Sie auf der von Ihnen angegebenen Seite selbst schreiben, beschäftigen sich die Gerichte bereits mit der Thematik.

Es gilt daher abzuwarten wie der Rechtsstaat den Sachverhalt beurteilt. Ich hoffe, dass die Entscheidung im Sinne und zum Schutze von Adrian ausgehen wird.

Vielen Dank für Ihr Engagement und den Einsatz, den Sie zu Gunsten von Adrian Klinik aufbringen.

Mit freundlichen Grüßen
Bürgermeister
Stefan Sauer

10. August 2009
Groß-Gerau: Adrian darf wieder zur Schule

“Puuh”, schreibt die Mutter von Adrian Klinik aus Groß-Gerau, der seit zwei Jahren keine (Regel-) Schule besuchen darf. Mit Bauchgrimmen haben die Eltern des Elfjährigen auf den Gerichtstag gewartet, sie fürchteten um ihr Sorgerecht, machten sich Gedanken über die Zukunft ihres Kindes. Nun ist ihnen ein Stein vom Herzen gefallen. Das Gericht hat ihnen das Sorgerecht nicht entzogen, berichtet die Mutter, eine weitere Entscheidung laute: “Adrian hat eine neue Chance auf den Besuch einer Regelschule verdient.”

Zwei Schulen hat der Junge bereits besucht, in einem Interview erzählte er am 17. Dezember 2008, dass er an beiden Schulen von seinen Mitschülern, aber auch von der Lehrern schlecht behandelt worden sei, sogar eingesperrt habe man ihn. Immer sei er der Sündenbock gewesen. Ergebnis: Das Staatliche Schulamt für den Landkreis Groß-Gerau und den Main-Taunus-Kreis ordnete am 17. Oktober 2007 an: “Die Schulpflicht von Adrian ruht ab sofort.”

Auf das Interview reagierte die zuständige Schulamtsmitarbeiterin am 9. Januar 2009 gegenüber Dritten mit der Behauptung, der “Sachverhalt ist teilweise völlig falsch dargestellt” worden, “so weit sie sich erinnere”. Derweil dauerte das Gezerre an. Für Adrian wurde der Besuch einer Heimschule in Erwägung gezogen. Dagegen wehrten sich die Eltern des Jungen. Mit Erfolg.

Zwei Jahre lang lernte der Junge zuhause, eine Zeitlang hatte er eine Heimlehrerin, doch der Elfjährige bestand darauf: “Ich will zur Schule.” Nun darf er wieder und Fehler der Vergangenheit dürfen nicht wiederholt werden. Schief gegangen ist genug. Beispielsweise beim Schulwechsel. Adrians Akte war eher an der neuen Schule als der Junge. So konnte man sich dort bereits ein (Vor-)Urteil bilden, bevor man den Kleinen persönlich kennen gelernt hatte.

Der Bürgermeister von Groß-Gerau hat sich bei mir für meinen Einsatz bedankt. Nun sind andere gefordert - während Adrian sich nicht nur auf die Schule freut, sondern auch auf die nächsten Sommerferien. Dann will er an die Nordsee. Der Elfjährige liebt das Meer.

11. August 2009
Mail des Bürgermeisters

Sehr geehrter Herr Tjaden,

vielen Dank für diesen positiven Hinweis. Es freut mich, dass Ihre Bemühungen positiv ausgehen.

Bürgermeister
Stefan Sauer

25. August 2009
Schulamt von Rüsselsheim stellt sich quer

Hier lesen

26. August 2009
Wir gründen eine e-school!

Hier lesen

6. Dezember 2009
"Spiegel" berichtet

16. Juli 2010
taz berichtet über Adrian

Hier lesen

18. September 2012
Adrian verklagt das Land Hessen

Morgen, 19. 9. 2012, 13:00 Uhr im Landgericht Darmstadt, 1. Termin "Amtshaftungsklage gegen das Land Hessen" durch A.(heute 14 Jahre) und seine Eltern auf Schadenersatz und Schmerzensgeld wegen jahrelanger 'Staatlicher Schulverweigerung' durch pflichtwidriges 'Ruhen der Schulpflicht' ab Oktober 2007. Unseres Wissens ist es das erste Mal, das ein Schüler klagt, weil ihm der Staat die Beschulung über Jahre hinweg verweigerte.

(gefunden bei Facebook)