Montag, 21. Februar 2011

Ein Fürsprecher?

21. Februar 2011
Sekten-Anwalt zeigt Papst an

"Inzwischen musste ich leider feststellen, dass Du auf dem Weg bist, all das, woran Du früher geglaubt hast, in der Öffentlichkeit mies zu machen und die Frau, die Dir lange Vorbild war, in den Schmutz zu ziehen. Du verrätst damit nicht nur Deine ehemaligen Freunde, die Du ziemlich übel verleumdest, sondern auch Dich selbst. Gegenwärtig kommst Du Dir vielleicht wichtig vor, weil ein bisschen Scheinwerferlicht auf Dich fällt; doch wenn die Lampen wieder ausgehen, wird Dir Deine erbärmliche Rolle eines Tages bewusst werden."

Hat ein Rechtsanwalt aus Marktheidenfeld am 29. Oktober 2003 an einen Aussteiger aus der Sekte "Universelles Leben" geschrieben. Die wird geleitet von der "Prophetin" Gabriele Wittek, die nach ihren Angaben ihren religiösen Auftrag von Jesus bekommen hat. Angeblich verkörpert sie das "absolute Gesetz". Ergo: Es handelt sich um ein totalitäres System, das nach Auffassung der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen ihre Mitglieder finanziell aussaugt und psychisch schädigt. In jüngster Zeit ist es still geworden um diese "Prophetin".

Doch dieser Sekten-Anwalt haut wieder auf die Pauke. Vor einer Woche hat er vor dem Internationalen Staatsgerichtshof in Den Haag Strafanzeige gegen Papst Benedikt XVI. erstattet. Die seit Mitternacht im Netz stehende deutsche Übersetzung kursiert bereits unter ehemaligen Heimkindern.

Die Strafanzeige umfasst 59 Seiten und ist gegliedert in "Das angsterregende Kirchenregiment", "Das mörderische Kondomverbot" und "Die Schirmherrschaft über die Sexualdelikte des Klerus".

Strafanzeigen gegen Päpste sind nichts Neues. Johannes Paul II. wurde am 5. März 2002 wegen des Kondom-Verbotes "Anstiftung zur schweren Körperverletzung" vorgeworfen, zwei Briten forderten im April 2010 die Festnahme von Benedikt XVI, sobald dieser englischen Boden betreten habe.

Sogar Jesus soll den Papst schon verklagt haben. Und zwar am 26. März 2010 wegen "sexuellem Missbrauch". Behauptet ein Niedersachse, der auf seinen Internet-Seiten versichert "Ich, Jesus Christus, bin mit dem Namen Ralph Schulze in Sarstedt wiedergeboren".

Ob ausgerechnet ein Sekten-Anwalt, der sonst totalitäre religiöse Systeme verteidigt, ein geeigneter Fürsprecher für ehemalige Heimkinder und Missbrauchsopfer sein kann, ist die eine Frage. Die andere Frage ist: Kann über solch einen Strafantrag überhaupt verhandelt werden? Grundsätzliche Zweifel daran hat Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck am 14. April 2010 in einem Gespräch mit Deutschlandradio Kultur geäußert. Kaleck ist auch Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation European Center for Constitutional and Human Rights. Der müsste es eigentlich wissen.